Wohnst du noch oder lebst du schon?

Dieses Zitat eines großen schwedischen Möbelhauses geht mir in der letzten Zeit nicht mehr aus dem Kopf. Was bedeutet es? Warum diese Frage? Ich wohne doch und lebe in meinen vier Wänden! Aber tue ich das wirklich? So richtig mit meiner Familie? So das jeder das Gefühl hat, dass er auch wirklich in unserer Wohnung lebt? Das er sich frei entfalten kann, so wie ich es auch tue? Gerade meine Kinder. Bekommen sie die Freiräume, die ich mir bei uns daheim nehme?

Vielleicht fange ich von vorne an. Von dem Punkt, wo ich herkomme. Meine Einstellungen, die ich doch so gut wie komplett über den Haufen werfen musste und jeden Tag immer wieder neu überdenken muss.

Ich liebe es einen schönen Wohnraum zu haben. Schön dekoriert und heimelig gemacht. Perfekt zum Ankommen und Wohlfühlen. Aufgeräumt und sauber. Jedes Teil an seinen Platz. Ja, so konnte ich es bis zu den Kindern auch wunderbar leben. Am Anfang als sie noch klein waren, funktionierte es auch noch irgendwie. Doch mit zunehmendem Alter und der zunehmenden spielerischen Kreativität reichte ihnen das Kinderzimmer nicht mehr aus. Man muss dazu sagen, dass sie sich ein Zimmer teilen und dieses nicht wirklich groß ist. Sollte ich nun hingehen und sie in ihr Zimmer verdonnern, nur damit mein schönes Wohnzimmer „schön und aufgeräumt“ bleibt? Nein natürlich nicht! Das große Spielen im Wohnraum begann. Zuerst mit der Regel Abends wieder alles weg zu räumen. Mann war das immer ein Theater. Natürlich wollten die beiden nicht ihre tollen Bauwerke zerstören und am nächsten Tag wieder von vorne beginnen.

 

Kurz in mich gegangen. Ich kann sie verstehen. Wenn ich unseren Esstisch, der auch im Wohnzimmer steht, mal wieder als Zuschneidetisch nutze und noch nicht ganz fertig bin, weil ich Meister darin bin direkt mehrere Projekte zu beginnen, dann lasse ich die Sachen doch auch einfach liegen. Am nächsten Tag kann ich dann weitermachen ohne alles wieder heraus zu suchen. Warum sollten dann meine Kinder ihre Projekte nicht über mehrere Tage entwickeln können?

Ein Grund, der mir immer dabei sofort kam ist, dass wenn du bei uns zur Wohnungstür rein kommst, du quasi sofort im Wohnzimmer stehst. Du bist also direkt in die „Projektentwicklung“ mit eingebunden. Manchmal musst du dir deinen Weg zum Sofa dann suchen. Und selbst auf dem Sofa kann man wunderbar Parkplätze bauen. Oder aber das Sofa als Bauunterlage nutzen. Es hat ja die perfekte Höhe um in der Hocke daran zu arbeiten. Nebendran dann auch noch der Couchtisch aus Glas, der mittlerweile über vierzig Jahre alt ist. Dem macht ein weiterer Kratzer nichts mehr aus. Durch seine Würfelform lädt er förmlich zum Malen und Basteln ein und innen lassen sich wunderbar alle möglichen Zeitschriften und Bücher verstauen. Klar würde sich ein schöner Strauß oder eine Kerze wunderbar darauf arrangieren, aber dann hätten die Kinder ja ihren liebgewonnen Platz nicht mehr.

Kommen wir zur ursprünglichen Frage zurück. Was ist mir ein schönes und geordnetes Wohnzimmer wert? Wohne ich noch oder lebe ich bereits in meinem Wohnraum. Denken wir einige Jahrzehnte zurück, dann kommen wir darauf, dass die Familie in der Wohnstube ihren Platz hatte. Jeder auf seine Art und Weise. Es wurde gekocht und gegessen, gewerkelt und gechillt, gelacht und gespielt. Hier wurden die Hausaufgaben gemacht und für die nächste Arbeit gelernt, gebastelt und manchmal auch gesägt. Es war die gute Wohnstube, die den Mittelpunkt des Familienlebens bildete. Genauso möchte ich es auch leben. Jedes Familienmitglied soll hier seinen Platz finden. Mein Mann in unserer Leseecke mit seiner Gitarre, die großen Jungs mit ihren Legosachen und vielem mehr, ich mit meinem liebsten Hobby und irgendwann auch unser Wurm auf seiner Krabbeldecke.

Es geht mir nicht darum ein durch und durch gestyltes Wohnzimmer zu haben. Ein riesen Haus mit vielen Zimmern, wo man sich verliert, ein Museum indem man nichts anfassen darf. Nein, ich möchte meiner Familie ein Stück Heimat schenken. Und dabei kommt es nicht auf die Größe an. Vielmehr auf die Herzlichkeit im Miteinander, Respekt und gaaaaanz viel Liebe!

Ob es mir gelingt? Nein, bei weitem nicht. Der Weg ist das Ziel! Ich mache mir immer bewusst, wo ich hin möchte, was mir wichtig ist und was Ende des Tages zählt. Es ist das Miteinander! Die Beziehung zu einander!

Und so sitze ich gerade stillend auf dem Sofa inmitten von „Chaos“ und ich liebe es! Es ist gerade so still. Mein Mann ist mit den großen auf dem Fußballplatz. Wenn sie gleich heimkommen wird die zehnte „Baustelle“ im Wohnzimmer eröffnet. Ich habe Nr. 2 versprochen die Bastelkiste runterzuholen …

Ihr seht, es wird nicht langweilig bei uns! Es klappt immer besser nicht nur zu wohnen, sondern auch zu leben!

In diesem Sinne wünsche ich euch ganz viele schöne Momente in eurer Wohnstube!

Eure Lilli

 


Bildnachweis: Kai und Lilli Mittelmann


 

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