Alles Einstellungssache, oder?

Lange habe ich über dieses Thema nachgedacht. Sehr lange. Ein ganzes Jahr. Reflektiert und wieder verworfen. Und dann erneut auf Anfang. Im Herzen bewegt. Gelesen, recherchiert, Input aus unterschiedlichen Quellen eingeholt. Worum es geht, wirst du dich fragen. Tja, eigentlich ist es mir ja schon etwas peinlich, aber ich hab das Gefühl, ich darf etwas von meinem Lernprozess weitergeben. Es geht um meinen Geburtstag im letzten Jahr.

Als ich morgens wach wurde, fühlte ich so großen Weltschmerz, es ist gar nicht zu beschreiben. Dabei schien die Sonne genau in unser Schlafzimmerfenster. Ein wenig später las ich die Nachrichten und wusste warum. In dieser Nacht hatte mitten in Europa ein Krieg begonnen. Furchtbar!

Zum Frühstück hatte ich mich mit ein paar lieben Menschen verabredet und freute mich schon sehr drauf. Ein schöner Vormittag. Mittags begann der normale Familienalltag. Meine Männer haben es nicht so mit Gefühlen. Keine Blumen, kein „wir essen gemeinsam und feiern etwas“, keine Anrufe von Menschen, die mir wichtig sind. Abends saß ich heulend auf dem Boden im Wohnzimmer und war auf alle und jeden einfach sauer – einfach enttäuscht. Mein Geburtstag und die liebsten Menschen hatten mich nicht so gefeiert, wie ich es gerne gehabt hätte. Ich schwor mir, meinen nächsten Geburtstag ganz alleine irgendwo in der Ferne zu feiern.

Ob diese Gedanken und Gefühle so richtig waren, zeigte sich im Laufe des Jahres. Wie schon geschrieben, beschäftigte ich mich sehr intensiv mit diesem Thema der Erwartungen und damit einhergehend der falschen Erwartungen. Und mir wurde plötzlich klar, dass ich meine Erwartungshaltung nicht einfach auf meine Mitmenschen übertragen kann. Ich kann keine heimlichen Verträge mit ihnen abschließen – von denen sie nichts wissen- und dann erwarten, dass sie diese genauso wie in meiner Wunschvorstellung erfüllen. Ich kann meinem Gegenüber nicht einfach etwas überstülpen, dass ihm/ihr überhaupt nicht entspricht. In meinem Fall kann ich von meinen Jungs nicht erwarten, dass sie mir jubelnd um den Hals fallen und mit mir einen Freudentanz vollführen, eine riesen Party feiern oder sonst noch etwas. Genau mit diesem Hintergrund formte sich langsam ein Verständnis für meine Liebsten und ein Umdenken begann. Zum Glück, denn mein nächster Geburtstag stand schon vor der Tür. Und dieser Geburtstag war der schönste seit sehr langer Zeit. Warum? Weil ich genau diese geheimen Verträge dieses Mal nicht geschlossen habe, keine falsche Erwartungen. Ein Frühstück nur mit mir selbst, danach zum besten Stoffdealer um zu stöbern. Dann noch zum Blumenladen, um mir selber einen schönen Strauß zu kaufen. Auf dem Weg dorthin traf ich eine Freundin, die ich spontan zu einem Kaffee einlud. Mittags gab es dann Pizza per Kurier, der Mann hatte gekocht, Nachmittags Waffeln. Der Jüngste bestand auf Kerzen und ein „Happy Birthday“. Kind 2 fragte nach 10 Euro, um mir ein Geschenk zu kaufen und flitzte noch schnell mit seinem Roller los, um mit einer süßen Espressotasse heimzukommen. Ihm war ein Geschenk sehr wichtig. Gemeinsames Abendessen und noch ein Spieleabend. Abends lag ich ganz beseelt im Bett und freute mich über einen wundervollen Geburtstag. Viele schöne kleine Momente, weil ich es so angenommen habe. Für den einen oder anderen mag es ungewohnt klingen. Unnormal? Aber was ist schon normal? Wir sind eine völlig Un-normale Familie. Wichtig ist, dass wir für uns gut funktionieren. Mehr braucht es nicht. Keine Erwartungen, die uns von unserer Gesellschaft vermittelt werden, müssen erfüllt werden.

 

Ich finde Jesus ist da ein ganz wunderbares Beispiel. Auch er erfüllte nicht die Erwartungen vieler Menschen. Er lebte auch ein völlig Un-normales Leben. Ein Leben mit Menschen, die von der damaligen Gesellschaft nicht geachtet wurden, die verstoßen waren. Er setzte sich dazu, redete mit ihnen und ging seinen ganz eigenen Weg. Das möchte ich auch. Weg von allen von uns menschlichen Konventionen hin zu meinem Weg mit Gott, mit Jesus mit meinen Liebsten. Einen völlig Un-normalen Weg.

Für dich wünsche ich mir, dass auch du deinen ganz eigenen Weg gehen kannst. Einen völlig un-normalen Weg.

 

Herzlichst!

Deine Lilli

 

Schnittmuster: Hose Salix und Pullover Betula  – beides von „Fabelwald“. Fotos von Irene Giese.

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